Presseerklärung zum 18. März

Zum 175. Jahrestag der Märzrevolution von 1848: Der Bezirk Mitte lässt den „Platz der Märzrevolution“ verschwinden

Es hätte so schön sein können: Der Bezirk Mitte stellt nach 25 Jahren endlich Namenschilder am Platz der Märzrevolution auf. Stattdessen erklärt er, den Platz habe es nie gegeben.

Es geht um eine Posse, die 1998 begann. Damals wurde in Mitte der Platz am Gorki-Theater in „Platz der Märzrevolution” benannt. Diese Benennung war eine „Pazifizierungsmaßnahme“, um die damaligen Forderungen der Aktion 18. März, die den Platz vor dem Brandenburger Tor in „Platz des 18. März 1848“ benennen wollte, abzuwehren. Die Aktion 18. März hatte schließlich im Jahr 2000 Erfolg und am Brandenburger Tor gibt es seitdem den „Platz des 18. März“. Derweil verkündete am 3. März 1998 die damalige Senatsverwaltung für Bau und Wohnen im Amtsblatt des Landes Berlin vom 13. März 1998, dass der Platz zwischen Maxim-Gorki-Theater, der Straße Am Festungsgraben und dem Kastanienwäldchen den Namen „Platz der Märzrevolution“ tragen soll. Die sofortige Vollziehung der Benennung wurde angeordnet. Der ehemalige Lindentunnel, eine Straßenbahnunterführung Unter den Linden,  der Teil des neuen Platzes werden sollte, wurde für etwa 2,5 Mio. DM „gedeckelt“. Dann  verlor aber die Senatsverwaltung trotz Ankündigung von weiteren Baumaßnahmen das Interesse an der Gestaltung des Platzes. Schilder wurden nie aufgestellt. Auch nicht vom Bezirk.

Heinrich Heine auf dem Platz der Märzrevolution

Die Aktion 18. März und auch die Berliner Geschichtswerkstatt haben in den vergangenen Jahren mehrfach öffentlich darum gebeten, dass endlich die Schilder aufgestellt werden sollen, allerdings ohne Resonanz. Die erneute Nachfrage im November 2022 und Januar 2023 bringt nun zutage, dass die Bezirksbürgermeisterin Mitte der Ansicht ist, dass es den Platz, weil er nie gestaltet worden sind, nie gegeben habe und daher auch keine Schilder aufgestellt werden müssten.

Die Berliner Geschichtswerkstatt hält das für einen „Schildbürgerstreich“, dass der Bezirk plötzlich, obwohl er jahrzehntelang diesen Platz in den eigenen Publikationen genannt hat, zum Ergebnis kommt, dass der Platz gar nicht existiert habe. Der „Platz der Märzrevolution“ findet sich auch auf digitalen und Papierstadtplänen. Er wird in Reiseführern beschrieben. Regelmäßig wurde der Platz in den bezirklichen Broschüren „Wahlkreise und Stimmbezirke in Mitte“ aufgeführt.

Juristisch ist die Haltung des Bezirks also kompletter Unsinn. Die Benennung ist als Verwaltungsakt im Amtsblatt verkündet worden. Das Ausmaß des Platzes ist in der Amtsblattveröffentlichung genau beschrieben worden. Der Platz sollte, so die Veröffentlichung, nur „noch gestaltet“ werden. Die jetzt vorgetragene Argumentation, es sei kein erkennbarer Platz geschaffen worden, ist Blödsinn. Plätze sind in Berlin an zahlreichen Stellen nicht als Plätze erkennbar, sei es, dass der Platzcharakter durch großzügige Straßenführung zerschlagen wurde, sei es, dass einfache, schon vorhandene, Straßenkreuzungen zu Plätzen erklärt wurden. Das Areal neben dem Gorki-Theater, so wie im Amtsblatt beschrieben, existiert, selbst wenn er wie andere „Nicht-Plätze“, die aber Plätze sind, aussehen sollte. Die Benennung des Platzes war ein Verwaltungsakt, der in der Welt ist.

Die Berliner Geschichtswerkstatt hat mehrfach betont, dass wir es begrüßen, wenn in Mitte an zwei Stellen durch Platzbenennungen an die wichtige Märzrevolution von 1848 erinnert wird. Das ist ein sehr kleiner Ausgleich dafür, dass im gesamten Stadtgebiet an unzähligen Stellen an die preußische Monarchie erinnert wird, gegen die die Berlinerinnen und Berliner im März 1848 für Freiheit und demokratische Rechte gekämpft haben.

Jürgen Karwelat
für den Geschäftsführenden Ausschuss der Berliner Geschichtswerkstatt